Nationaler Gedenktag
Nationaler Gedenktag für die Opfer von Terrorismus
Die Bundesregierung gedenkt am 11. März 2025 zum vierten Mal an die Opfer terroristischer Gewalt. Der Gedenktag wurde im Jahr 2022 endlich auch für Deutschland installiert, nachdem dieser an die Anschläge in Madrid vom 11. März 2004 anknüpft- ebenso weitere europäische Länder, wie Frankreich und Belgien zeitgleich an Opfer von Terrorismus gedenkt. Als Zeichen wird zum Nationalen Gedenktag auch in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands die Beflaggung auf halbmast gesetzt. Es sollen die Opfer terroristischer Gewalt stärker ins Bewusstsein gerückt werden. Unschuldige Menschen verloren ihr Leben oder müssen mit den Folgen eines Terroranschlags lernen umzugehen.
Viele Namen und Orte stehen bereits für Attentate mit vielen Toten und Verletzten und für staatliches Versagen im Umgang mit Opfern und deren Angehörigen. Leider erinnern wir uns nicht mehr an einzelne Getötete oder an Opfer aus früheren Zeiten. Auch der Wunsch nach „unbürokratischer Hilfe“ verhallt, sobald man im Dickicht der Anträge erstickt und auch zerbricht.

Ein Gedenkherz für ALLE Opfer von Terrorismus
In Berlin werden wir als Organisation VoT Germany an diesem Tag auf dem Breitscheidplatz – an der Gedenkstelle für die Opfer des Terroranschlags am 19.12.2016 – ein Gedenkherz aus weißen Blumen niederlegen; so, wie wir es in den Jahren zuvor auch schon taten. Ein Herz, welches symbolisch für ALLE Opfer von Terrorismus gelten soll, derer wir zum Nationalen und Europäischen Gedenktag erinnern wollen. Mit der Bedeutung von weißen Rosen möchten wir an der Gedenkstelle zum Innehalten aufrufen, um damit Ruhe und Frieden auszudrücken. Im Zeichen der Solidarität mit ALLEN Betroffenen, Angehörigen, Hinterbliebenen, Zeugen, Ersthelfern und Überlebenden eines Terroranschlags- aber auch an die Gesellschaft.
Diese Idee entstand aus der Initiative Breitscheidplatz, mit den Opferfamilien vom 19.12.2016, um gleichzeitig auch weitere Betroffene anderer Anschläge in und außerhalb Deutschlands einzubinden. Da wir keine Nationale Gedenkstelle für Opfer von Terrorismus in der Bundesrepublik haben, möchten wir diese Botschaft verkünden, dass es wichtig ist, auch ALLEN einen Ort des Gedenkens zu gewähren. Wie viele Opfer sind vergessen- aus der Vergangenheit, grenzüberschreitend Betroffene-, aber auch jene, die in jüngster Vergangenheit schon aus dem Bewusstsein sind.
Niemand darf vergessen sein
Für uns stehen am 11. März ALLE Opfer im Vordergrund, egal mit welchem ideologischen Hintergrund ein Anschlag erfolgte- niemand darf vergessen sein! Terrorismus unterliegt einem steten Wandel- Täter, Motive und Ziele ändern sich. Nicht nur für lokale Gemeinschaften ändern sich damit massiv die Folgen von Terroranschlägen, sondern auch regional, national und international. Ob wir eines oder mehrere Opfer eines Attentates verzeichnen, JEDER hat ein Recht auf Erinnerung. Heute dürfen wir die Opfer in den Mittelpunkt stellen und innehalten.
Wir wissen um die Bedeutung eines jeden, der in eine solch schreckliche Tat verwickelt wurde.
Auch weitere Helfer, Freunde, Bekannte, aber auch Einsatzkräfte wie die, der Polizei und Feuerwehr, Ärzte und Notfallseelsorger sind von entscheidender Bedeutung in dem Geschehen, und auch sie werden sich an diese Tage ihres Einsatzes erinnern- und möchten einen Ort zum Trauern.
Anerkennung und Respekt
An dieser Stelle möchten wir als Organisation VoT Germany, aber auch aller Betroffenen- unsere tiefste Anerkennung und Respekt ausdrücken, was auch sie in ihren schwersten Stunden geleistet haben- für die Gesellschaft und für jeden einzelnen. Wir wissen um die Professionalität, die mit diesen Berufen einhergeht und abverlangt wird, dennoch sind Orte eines Terroranschlags vergleichbar mit Kriegsgeschehen und schweren Bildern der Verwundbarkeit. Danke für ihren Mut, ihren Einsatz und Hilfe!

NACHLESE ZUM 4. NATIONALEN GEDENKTAG AM 11. MÄRZ 2025
Personenabfragen über die Bundespolizei
Für die Veranstaltung, welche in diesem Jahr im Auswärtigen Amt in Berlin ausgetragen wurde, sind im Vorfeld die Einladungen mit einem Begleitschreiben an die Angehörigen, Hinterbliebenen, Überlebenden, Ersthelfer oder Zeugen eines terroristischen Anschlags verschickt worden. Die Organisation wird über das Protokoll Inland, in Abstimmung mit dem Bundesinnenministeriums von der Bundesregierung umgesetzt. Aufgrund der zunehmenden Anzahl von Betroffenen hat man sich für den Weltsaal im Auswärtigen Amt entschieden; was für die vorbereitenden Maßnahmen zu Personenabfragen über die Bundespolizei mit einer „üblichen Sicherheitsüberprüfung“ verknüpft war. Was bedeuten konnte, dass es durch diese IT-Überprüfung mitunter zu einem negativen Bescheid kam und man „ausgeladen“ wurde. Und das auch erst unmittelbar vor dem 11. März, um mögliche Nachfragen auszublenden.


„Reisebeihilfe ohne Rechtsanspruch“
Zu der Einladung ergänzte sich ein „Begleitschreiben“, indem die Verfahrensweisen erörtert wurden, wozu auch eine genaue Auflistung für die „Reisebeihilfe ohne Rechtsanspruch“ gehörte. Das beinhalte eine Pauschale, mit der Reisende nach Berlin mit dem Prinzip einer konkreten Staffelung ihre Kosten erstattet bekommen:
ab 150 km = 100 €,
ab 300 km = 200 €,
ab 500 km = 350 €,
ab 700 km = 500 € und
ab 2.000 km = 750 €
„Eine über die genannten Beträge hinausgehende Kostenerstattung ist leider nicht möglich, auch nicht in Härtefällen.“ Diese Pauschale berücksichtigt auch eine ggf. erforderliche Übernachtung- oder man nutzt ein Angebot „zur Selbstzahlung“ in einem vorgesehenen Hotel.
Wäre also ein Betroffener aus dem näheren Umfeld unter 150 km und reist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an, werden diese nicht erstattet. Sollte es -wie bei einigen Fällen wegen eines vorherrschenden Traumas- nicht möglich sein, die Öffentlichen zu nutzen, ginge das also auch nicht; das Nutzen eines Taxis oder Absetzen eines Parktickets ebenso wenig. Läge eine Anreise wenige Kilometer unter dem Wert einer Staffelung, führt das auch zu Unmut, weil die nächste Stufe noch nicht ganz erreicht ist. Wäre das hier nicht angebracht, es als selbstverständlich zu betrachten, dass die Bundesregierung wenigstens an dieser Stelle großzügiger zu sein hat?
Fakt ist:
Solche Verfahrensweisen der Kostenerstattung sind für einen NATIONALEN GEDENKTAG nicht würdig und auf Dauer nicht tragbar. Versuche in den letzten Jahren, dieses Prinzip zu ändern, sind gescheitert. Vergleicht man die Kostenabwicklung mit anderen nationalen Gedenktagen oder dem europäischen Gedenktag, sind hier sämtliche Kosten beinhaltet- natürlich im Rahmen des Möglichen und diese werden über ein angebundenes Reisebüro nach Wunsch gebucht. Damit könne man sicher besser und sensibler auf die schon „gebeutelten“ Betroffenen eingehen und wenigstens diese Last abnehmen.
Unter Berücksichtigung der emotionalen Stunden, die mit diesem aufwühlenden Tag eine Übernachtung mindestens erforderlich macht, sind bei den Bahn- und Hotelpreisen diese Staffelungen schlichtweg unterbelichtet. Zumal es noch weitere Einschränkungen (psychisch, physisch, hohes Alter etc.) geben kann, die allein schon diese Art der Abrechnung unmöglich machen.



Bedrückende Stimmung
Der Saal war gut gefüllt, dennoch gab es noch einige Plätze, die nicht besetzt waren. Der Grund hierfür hätte auch eine fehlende Zustellung der Einladungskarten sein können, welche nicht alle Teilnehmer bekommen haben. Ein weiteres Manko.
Schaute man in die Runde war eine bedrückende Stimmung und das Leid mancher Anwesenden regelrecht zu spüren. Einzelne Blumen konnten zuvor von jedem Gast in die dafür vorgesehene Ablage vor dem Podium eingebunden werden, um ein schönes Gesamtbild zu kreieren.
Mit dem Eintreten der Regierenden, nachdem alle Betroffenen bereits auf ihren Plätzen saßen, gingen sie zu dem vorn aufgestellten Blumenarrangement, um eine würdevolle Geste abzuhalten. Hier wäre es schön gewesen, hätten sie sich zum Publikum gewandt, um uns als Betroffene mit einer entsprechenden Wertschätzung gegenüberzutreten.
Eine Stunde für das Gedenken
Frau Baerbock, als noch amtierende Außenministerin, eröffnete mit ihrer langen Rede von 26 Minuten die Gedenkstunde ab 14 Uhr, die für eine Stunde geplant war. Mit ihrer Ansprache wurden nicht etwa zuerst die wichtigsten Teilnehmer der Veranstaltung begrüßt, die Betroffenen von Terrorismus geschädigten Personen, sondern erst alle anwesenden Amtsträger der Bundesregierung. Mag es das Protokoll so vorsehen und der Etikette entsprechen, es ist dennoch nicht im Sinne der Betroffenen, die nur einmal im Jahr diese Aufmerksamkeit für ein gemeinschaftliches Gedenken bekommen.
Ziel von Terrorismus ist es nicht, eine „Gesellschaft zu spalten“, sondern wahllos „weiche Ziele“ zu treffen, um möglichst viele Menschen zu töten. Es stimmt, dass wir uns dem Terrorismus entgegenstellen müssen, egal von welcher Seite, ob links- rechts, oder islamistisch orientierter Extremismus. Menschen, die unmittelbar zu Rettern von Leben wurden, fanden einen eigenen Platz und Anerkennung. Gut, dass diese einzelne „Heldentaten“ von Ersthelfern benannt wurden, deren unser aller Respekt gebührt.
Anerkennungswerte Leistungen
Des Weiteren wäre es schön gewesen, wenn ein nationales Projekt den Weg in die Rede gefunden hätte- und nicht die Darstellung einer norwegischen Expertise, die dennoch als sehr gutes Beispiel im internationalen Rahmen gilt. Gibt es doch so anerkennenswerte Leistungen im Ehrenamt, die bereits in der Opferhilfe zu dokumentieren sind.
Mit dem 2. Teil der Gedenkstunde kam es zu Gesprächen mit Betroffenen auf dem Podium, die im Ausland Opfer von Terrorismus wurden. Einige positive, aber auch negative Stimmungen kamen zum Ausdruck, welche im Zusammenhang des eigenen Falles standen. Selbstorganisation und Eigeninitiative waren in der Vergangenheit gefragt; auch in Zeiten, in der Digitalisierung und schnelle Kommunikationswege noch nicht möglich waren.
Spärliche Versorgung
Kritisiert wurde der mangelhafte Umgang mit den Betroffenen, aber auch die spärliche Versorgung mit einer Opferentschädigungsrente. Mit einer Aussage von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sei man hier „am Überlegen, eine dauerhafte Lösung“ zu finden. Dass diese Äußerung nach nunmehr so vielen Jahren an Kritik von vielen Betroffenen kommt, ist vielen Gästen im Saal bitter aufgestoßen.
Fünf Minuten für den Bundesopferbeauftragten
Zum Abschluss sprach der Bundesopferbeauftragte Hr. Weber, welcher uns als Betroffene als Erstes ansprach, und die letzten fünf Minuten der Gedenkstunde für seine Rede zur Verfügung bekam. Obwohl er nur das Schlusswort sprechen konnte, bedankte er sich bei den Ersthelfern, wie Seelsorgern und Einsatzkräften, sowie bei den direkten Betroffenen, die ihre Erfahrungen an diesem Tag teilten, sowohl live auf dem Podium als auch in den filmischen Beiträgen.
